Nachhaltig, innovativ, kreativ: Einblick in Schleswigs Gründerszene

Gründerzeit! In Schleswig und Umgebung gibt es erstaunlich viele Startups. Die Talente beweisen Mut. Sie entwickeln clevere Ideen, überwinden Grenzen und schaffen etwas Neues.
Text: Britta Matzen · Fotos: Firmen, Redaktion

Winter 2023 / Kompass 36

Da jubelt das Bastlerherz

Basteln – das war schon immer die große Leidenschaft von Manuela Friedrich aus Schleswig. 2015 hat sie ihr Hobby zum Beruf gemacht. „Ich habe einen eigenen Onlineshop für Stempel und Stanzen gegründet – Stamp Corner.“ Unterstützung erhielt Manuela Friedrich von ihrem Mann, der über entsprechendes Computer-Wissen verfügte.

Schnell hat die Schleswigerin gemerkt, dass ihre Produkte gut ankommen. „Gerade weil wir angefangen haben, auch in den USA zu bestellen, wo sie viel kreativer sind.“ Sogenanntes Scrapbooking war zu der Zeit angesagt, ein Bastelhobby, bei dem man Fotoalben mit Schablonen, Stempeln, Glitzerband oder gemustertem Papier einen individuellen Look verleiht. „Inzwischen ist das Scrapbooking in die Kartengestaltung übergegangen“, erklärt die Expertin. 

2016 eröffnete Manuela Friedrich am Kornmarkt ihr erstes Ladengeschäft. „2020 sind wir in den Friedrichsberg umgezogen, weil der Shop am Kornmarkt zu klein wurde.“ Bei Stamp Corner findet man alles, was das Papierbastlerherz begehrt. Zudem veranstaltet Manuela Friedrich Bastel-Workshops zu verschiedenen Themen.

Kunden von Jung bis Alt shoppen bei Stamp Corner. „Es kommen Mütter mit ihren Kindern, aber auch Senioren. Zwei süße, liebe Omis reisen einmal im Monat aus Hamburg an. Eine von ihnen ist gerade 90 geworden. Bis zum hohen Alter wird gebastelt“, sagt die Unternehmerin. Warum ihr Shop so erfolgreich ist, liege unter anderem daran, dass Basteln ein Hobby zum Entspannen sei. „Man kann dabei die Zeit vergessen und seine Kreativität ausleben.“

Köstliches aus der Region: Genusswerke Henes

Wer bei Lebensmitteln Wert auf Qualität, Frische und regionale Herkunft legt, der ist bei Genusswerke Henes in Schleswig genau richtig. Hier findet man unwiderstehlich leckere Apfelsäfte von Obstwiesen direkt an der Schlei, vielfältige Käseköstlichkeiten aus Angeln und Nordfriesland, Milch aus Neuberend, saisonales Obst und Gemüse und wunderbare Spezialitäten und Besonderheiten aus dem Land zwischen Nord- und Ostsee. Alles kommt direkt von den Erzeugern und Produzenten, von denen die meisten Biobetriebe sind. Die Idee dahinter: So regional wie möglich, so kurze Wege wie möglich – für die Umwelt und den Klimaschutz.

Seit 1,5 Jahren betreibt Joachim Henes den kleinen Laden im Lollfuß. „Ich stamme von einer Obstbaufamilie aus der Nähe der Schweizer Grenze.“ Als Zweitgeborener schied er als Erbe des elterlichen Betriebs aus, ihn zog es 1996 an die Schlei, wo er sich den Traum eines eigenen Obsthofes erfüllte. Er übernahm den Obstgarten Riesboer in Brodersby. 2006 erweiterte Henes den Betrieb um eine Mosterei, wo auch Kunden ihre Äpfel zu Saft pressen lassen können. 

Um das herrliche Bouquet der lokalen Apfelsorten noch vielseitiger genießen zu können, hat sich der Obstbauer in den vergangenen Jahren immer mehr mit Secco und Süßweinen beschäftigt. Vom Obstmuseum Pomaricum Anglicum von Karin und Meinolf Hammerschmidt in Winderatt stammen die 100 alten Angeliter Apfelsorten, die in jeder einzelnen Secco-Flasche enthalten sind. 

„Zu Weihnachten wird es bei uns erstmals Apfel-Crémant geben, eine Art Apfel-Champagner“, berichtet Henes. Ein Erlebnis für jeden Rosenliebhaber sind auch die Wildrosenmarmelade und der Wildrosen-Secco von Genusswerke Henes. Die Blütenblätter dafür stammen von der 1,8 Kilometer langen Wildrosenhecke, die auf seiner Obstplantage gedeiht. 

Joachim Henes sucht die Nischen. Sein nächstes Projekt steht auch schon fest. Er hat die alte, kostbare Brennanlage seines Vaters nach Schleswig geholt, um damit selbst Obstbrände herzustellen. Dann wird in Schleswig auch endlich wieder Schnaps gebrannt.

Weltbrauerei: Ehrliches Bier, in Angeln gebraut

Motivation verleiht Flügel. Dieser Slogan gilt auf jeden Fall für Hannes Frank, der im Alter von gerade mal 21 die Weltbrauerei in Taarstedt übernahm. Dabei spielte auch der Zufall eine Rolle, dass der Sohn eines Schörderuper Landwirts Bierbrauer wurde.

Als Jugendlicher besuchte Hannes Frank das Gymnasium in Kappeln. „Meine Noten waren nicht allzu gut. Um mich zu verbessern, hat meine Chemielehrerin mir vorgeschlagen, ein Referat übers Brauen zu halten.“ Das war die Initialzündung. Das Thema hat den Schüler so interessiert, dass er gleich ein Praktikum bei einer Brauerei machte, die Schule abbrach und mit einer Ausbildung als Brauer und Mälzer startete. „Vierzig Bewerbungen habe ich geschrieben, drei Vorstellungsgespräche hatte ich und einen Job am Ende. Punktlandung“, meint Frank, den einfach fasziniert, welche Vielfalt an Bieren man aus den vier Rohstoffen Hopfen, Malz, Hefe und Wasser gewinnen kann.

Hannes Frank war mit der Ausbildung noch nicht ganz fertig, als er zum Brauereifest nach Taarstedt fuhr. Die drei Freunde Arne Eggert, Enrico Kleist und Hieronymus Kotsch hatten dort 2012 die Weltbrauerei gegründet. „Ich habe die Betreiber angeschnackt und gehofft, dass ich nach der Ausbildung bei denen einen Job bekommen könnte.“ 

Doch es kam anders. Die Betreiber wollten die Brauerei verkaufen und fragten den jungen Azubi vom Fleck weg, ob er Interesse habe. Einige Monate später wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Seit Juli 2017 ist Hannes Frank Brauereibesitzer.

Seitdem ist viel passiert. Der junge Brauer erweiterte zunächst die Tanks. „Als ich die Weltbrauerei übernommen habe, lag der Jahresausstoß bei 10.000 Litern, 2022 waren es 36.000 Liter.“ In Taarstedt war schnell die Kapazitätsgrenze erreicht, sodass Hannes Frank auf dem elterlichen Hof in Schörderup in der Gemeinde Stoltebüll in einer umfunktionierten Scheune einen größeren Standort aufbaute.

Neun Angeliter Biere werden heute in der Weltbrauerei nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut. Ganzjährig sind die Sorten Angeliter Pilsener und Angeliter Dunkel erhältlich. Sie werden durch saisonale Bock- und Spezialbiere ergänzt. „Die Besonderheit am Angeliter Bier ist die Naturbelassenheit. Im Gegensatz zu herkömmlichen Industriebieren kommt es ohne Filtration und Pasteurisation aus. Die Hefe ist noch im Bier enthalten und liefert wichtige Aromen, die das Angeliter ausmachen“, erläutert der Brauer, dessen Portfolio in regionalen Märkten, Tankstellen und auch im Hofverkauf erhältlich ist. Frisch vom Fass gibt es das Angeliter bisher in einigen Kappelner Kneipen. Den Gastrobereich will Hannes Frank noch weiter ausbauen.

Smarte Produkt-Konzepte von One/Off Design

Wer wissen will, wie Innovationen entstehen, der muss in der alten Schnapsfabrik vorbeischauen – hier ist Schleswigs Silicon Valley. Auf eine vielseitige, innovative Zukunftstechnologie hat sich zum Beispiel Bela Baumgardt mit One/Off Design spezialisiert. In seiner Microfactory fertigt der Industriedesigner Prototypen, Einzel- und Serienteile aus dem 3D-Drucker für die digitale Produktion. „Wir entwickeln Produktkonzepte, die zur jeweiligen Technologie passen, sogenannte smart products.“ Das sind internetfähige Produkte wie Sensoren und Fühler, die untereinander kommunizieren, sich eigenständig anpassen und deshalb als intelligent gelten. Sie werden inzwischen für viele Bereiche eingesetzt.

Das Konzept von One/Off Design beruht dabei auf drei Säulen. Das ist zum einen die Produktentwicklung in Sachen Hardware. Dazu gibt es eine Software-Komponente wie etwa eine App, eine Website oder eine Technologie, die in dem Produkt selbst läuft. Und als Letztes folgt dann der Prototypenbau und die Produktion. „Durch den 3D-Drucker liegt das mittlerweile so nah zusammen, dass es keinen großen Unterscheid macht, ob ich nur ein Teil darauf drucke oder zehn“, so Baumgardt. Im ähnlichen Rahmen, nur nicht ganz so flexibel wie im 3D-Drucker, ließe sich das Produzieren von Modellen mit der CNC-Fräse oder dem  Laserschneider realisieren.

Aktuell arbeitet One/Off Design an einem Digitalisierungsprojekt für die Feuerwehr. Die Feuerwehrmänner und -frauen trainieren Lösch- und Rettungseinsätze mit Hilfe von Computern und Virtuell Reality-Brillen. Das Equipment, das die Feuerwehr in real verwendet, entwickelt das Schleswiger Startup gerade für das VR-Deck des Projektes. „Taschenlampen oder Wärmebildkameras sehen von der Grundform so aus wie in echt. Diese Hardware wird mit entsprechender Technik versehen, sodass die Feuerwehr im virtuellen Übungsraum damit interagieren kann“, erklärt der Firmenchef. Die Retter können sich dank des Einsatzes der One/Off-Design-Technik optimal in das virtuelle Szenario hineinversetzen. 

Für einen Agrar-Roboter, der vollautomatisiert bis zu 20 Hektar bewirtschaften kann und den Landwirt Arne Hansen von Klappschau auf seinen Äckern einsetzt, plant Bela Baumgardt zum Beispiel, einen neuen Algorithmus mit entsprechender Hardware zu entwerfen, damit das Aussäen der verschiedenen Feldfruchtsamen künftig noch besser klappt. Unterstützt wird Bela Baumgardt bei seinen Aufträgen von anderen Freiberuflern oder Unternehmen. „In meinem Job wird es nie langweilig. Die Einsatzmöglichkeiten sind ungeheuer vielfältig“, sagt der 43-Jährige

Laromed: Mit digitalen Betten die Pflege revolutionieren

Das junge Schleswiger Startup Laromed möchte mit einem smarten Schlafsystem den Pflegebereich revolutionieren. „Wir haben eine KI-gestützte und bezahlbare Pflegebettensensorik entwickelt, die rund um die Uhr die gesamte Liegefläche detektiert und im Notfall alarmiert“, sagt Mitbegründer Clemens Winter. 

Die patentierte Technologie steckt dabei unter der Matratze im Lattenrost. Sie erfasst dreimal pro Sekunde die genaue Liegeposition, die Bewegung, die Druckverteilung, das Körpergewicht und weitere Parameter. Über eine App lässt sich exakt erkennen, was auf dem Bett passiert. 

„Den Pflegekräften kann man auf diese Weise Leerläufe auf ihren Kontrolltouren ersparen, sie müssen nicht mehr in jedes Zimmer schauen. Die App gibt ihnen bei Gefahren Bescheid – etwa bei möglicher Wundlagerung oder wenn ein Patient aus dem Bett fällt“, sagt Winter.

Die Sensorik sei dabei sehr präzise, die Auswertung komme über die intelligente Software. Damit sei es eine bezahlbare Lösung nicht nur für stationäre und akute Pflegefälle, sondern im Hinblick auf die alternde Gesellschaft auch für jedermann, sodass die Menschen möglichst lange zu Hause versorgt werden könnten.

Noch ist Laromed mit der KI-Entwicklung im Testbetrieb. „Wir haben aktuell vier Pflegebetten, die unter realen Bedingungen eingesetzt werden. Dabei sammeln wir sehr nützliche Informationen“, teilt Winter mit, der auch geschäftsführender Gesellschafter der Schleswiger Manufaktur Laroma ist, die für ihre Matratzen bekannt ist. Mit Schlafsystemen kennt der studierte Maschinenbauer sich also aus. 

Auch die Kieler Landesregierung ist von Laromed und der digitalen Pflegebettensensorik begeistert. Digitalisierungsminister Dirk Schrödter kam höchstpersönlich in der alten Schnapsfabrik vorbei, wo der Unternehmenssitz ist, und überreichte einen Förderbescheid über 180.000 Euro.

Ende des Jahres will Laromed mit seiner Pflegebettensensorik an den Markt gehen. Daneben wollen Winter und seine Kollegen das innovative Schlafsystem noch viel weiter entwickeln. Dafür suchen sie Investoren.  Wer das junge Unternehmen dabei begleiten will, ist herzlich eingeladen.

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Gewerbeverein Region Schleswig e.V. „Die Drachentöter“

Rund 180 Unternehmen aus Schleswig und Umgebung gehören mittlerweile dem Handels- und Gewerbeverein an. Mit der Erweiterung der Mitglieder auf Schleswig und Umgebung war der Name „Gewerbeverein St. Jürgen nicht mehr passend. Per Satzungsbeschluss wurde er auf der Jahreshauptversammlung am 18.9.2019 der Ausrichtung des HGVs entsprechend angepasst auf Gewerbeverein Region Schleswig e.V. „Die Drachentöter. Der Namenszusatz „Die Drachentöter wurde beibehalten. Er zeigt die Wurzeln des Vereins und ist auch weiterhin das Vereinslogo.

Wichtige Links

Kontakt Vorsitzende:

Martin Felske
Werner-von-Siemens-Straße 5, 24837 Schleswig · Tel. 04621 9550-0 · E-Mail

Julia Claußen
Steinacker 7, 24857 Fahrdorf · Tel. 0151 14108843 · E-Mail

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