So klappt der Generationenwechsel im Norden

Die erfolgreiche Unternehmensnachfolge ist für viele mittelständische Betriebe eine Herausforderung. Für den Führungswechsel müssen Firmenchefs nicht nur eine geeignete Geschäftsführung finden, sondern auch jemanden, der das Eigentum übernimmt und bereit ist, das Risiko zu tragen. Die Kompass-Redaktion hat sich umgehört: Wie wird der anstehende Generationenwechsel in Schleswiger Betrieben geregelt?
Text: Britta Matzen · Fotos: Foto Sliasthorp, Redaktion

13. Juli 2024 / Kompass 37

Fit for Life: Betriebsübernahme durch Mitarbeiter

Eine Nachfolge kann entweder familienintern erfolgen – oder auch extern. Zum Beispiel durch Arbeitnehmer, wie im Fall von Christoph Reinhardt. Der 41-Jährige hat vor fünf Jahren mit Ehefrau Denise (40) das Schleswiger Fitnessstudio Fit for Life als ehemaliger Mitarbeiter übernommen. Zehn Jahre war er im Betrieb angestellt. „Es war aber relativ schnell klar, dass ich das Studio mal übernehmen soll.“

Die Reinhardts kauften dem Inhaber das wirtschaftliche und rechtliche Eigentum ab. Nur die Immobilie verblieb noch in den Händen des Ex-Chefs, die Nachfolger zahlen Miete. Name und Logo des Studios wurden beibehalten, aber der Untertitel wurde geändert. Aus „Fitness- und Freizeit-Center“ wurde „Dein Gesundheitsstudio“.

Die Betriebsübernahme musste natürlich gut geplant sein. Nicht nur, was den Kaufpreis betraf, auch die rechtlichen und steuerrechtlichen Entscheidungen mussten wohl überlegt sein. „Wir haben den Steuerberater meines Chefs, der das Unternehmen 25 Jahre kannte, mit übernommen. Dieser hat den Prozess sehr gut begleitet, sodass alle Beteiligten zufrieden gestellt wurden“, berichtet Reinhardt. Den Unternehmenskauf hätten sie komplett mithilfe einer Bürgschaftsbank finanziert, des Weiteren sei Stefan Wesemann von der IHK unterstützend beteiligt gewesen.

Die Freude nach der Übernahme war riesig groß, erinnert sich das Paar. Und die finanzielle Belastung hätten sie meist „gekonnt ignoriert“. „Wir haben ja einen laufenden Betrieb übernommen und hatten dadurch vom ersten Tag an Einnahmen. Und wir wussten auch, wie viel Geld reinkommt.“

Das sei anders als bei einer Neugründung eines Studios und bringe enorme Vorteile. So mussten sich die Reinhardts zunächst keine Gedanken über qualifiziertes Personal machen, auch der Kundenstamm wurde übernommen. Nur den „Rollenwechsel vom Kollegen zum Chef“ zu meistern, das sei schon eine Herausforderung, gesteht Christoph Reinhardt.

Verändert haben die neuen Inhaber einiges. So haben sie bereits kurz nach der Übernahme in einen neuen Milon-Circle investiert. „Gesundheit ist bei uns ein großes Schwerpunktthema“, so die Reinhardts. Das Durchschnittsalter der Kunden liege bei 52, viele Senioren trainierten im Fit for Life. Die Kurse undAngebote seien deshalb entsprechend angepasst und reichten von Callanetics, Fit ab 40 und Lichttherapie über Pilates, Rückenfit und Rehasport bis zu Spinning, Yoga und Zumba. „Außerdem haben wir eine Physiopraxis mit drei Behandlungsräumen und einem Krankengymnastik-Raum in unserem Studio eröffnet. Wir sind sehr umtriebig“, gesteht der gelernte Sport- und Fitnesskaufmann lachend. Ein weiteres großes Ziel steht zum Sommer an: der Kauf des Gebäudes.

Nächste Generation bei Bestattungen Beck

Beim Schleswiger Traditionshaus Bestattungen Beck ist 2023 eine familieninterne Übergabe erfolgt. Bestattermeister Thilo Bernoteit hat den Betrieb von seinem Stiefvater Thomas Beck, der ihn zusammen mit Ehefrau Ulrike in vierter Generation geführt hat, übernommen. Becks leiblicher Sohn und die Stieftochter hatten kein Interesse, die Nachfolge anzutreten.

Die Übergabe wurde Schritt für Schritt vorbereitet. Die Familie setzte sich zusammen und erstellte einen Zeitplan. Mit 60 wollte Thomas Beck in den Ruhestand treten. „Für mich passte das auch. Ich war bis dahin mit der Ausbildung fertig und durfte noch ein paar Jahre Berufserfahrung sammeln“, erzählt Bernoteit.

Bestatter – das ist ein krisensicherer Job. Dass er den Beruf ergreifen möchte, entdeckte Thilo Bernoteit, als er Geschichte und Politikwissenschaft studierte. Das Studium war ihm zu theoretisch, deshalb kam er auf die Idee, eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft zu machen. „Ich ging nach Lüneburg zu einem großen Unternehmen, wo ich eine verkürzte Ausbildung in zweieinhalb Jahren absolvierte.“ Der Schleswiger hätte es nicht besser treffen können. Angehörige begleiten und beraten, einen Sarg vorbereiten, Verstorbene abholen und vorbereiten – alle Arbeiten gingen ihm leicht von der Hand. Er nahm 2016 für Niedersachsen an Leistungswettbewerben teil, wurde Kammer-, Landes- und sogar Bundessieger. Anschließend absolvierte Thilo Bernoteit die Meisterschule. „Als ich nach Schleswig zurückging, hatte ich es dadurch auch ein bisschen leichter vom Standing her“, so der 34-Jährige.

Mit dem Führungswechsel bei Bestattungen Beck ging ein Übergang des Eigentums einher. Bernoteit: „Das haben wir sauber geklärt mit einem kompletten Verkauf der Firma und der dazugehörigen Immobilie.“ Für die Planung der Betriebsübergabe hätten sie sich zunächst mit der Handwerkskammer beraten und dann Steuerberater, Bank und Wirtschaftsberater hinzugezogen. Im ersten Jahr der Übernahme war Thilo Bernoteit heilfroh, dass seine Eltern sich noch nicht komplett aus dem Geschäft rausgezogen hatten. Denn die Aufgaben waren recht umfangreich. „Da war ich echt dankbar, dass sie geholfen haben. In diesem Jahr ist mein Stiefvater aber sehr viel weniger im Betrieb, und meine Mutter möchte auch nur noch halbtags arbeiten.“ Doch durch neue Mitarbeiter und die Umstellung einiger Prozesse klappe es mittlerweile auch ohne Unterstützung der Familie. Wenn besonders viel zu tun sei, könne er aber jederzeit auf die Hilfe der Eltern zurückgreifen.

Marks: Die Tochter tritt in Vaters Fußstapfen

Auch bei dem Schleswiger Unternehmen Marks rückt die junge Generation nach. Heiko Ebsens älteste Tochter Marike Ebsen hat die Verantwortung für „De lütte Boutique“ übernommen, die im März 2024 im Stadtweg 5 eröffnet hat, nachdem „Marks Maritim“ am Stadthafen wegen schwerer Flutschäden schließen musste . Die 26-Jährige ist Filialleiterin in dem neuen Geschäft, das skandinavische Mode, Accessoires und Wassersportbekleidung vertreibt. Der Einstieg ins Familienunternehmen erfolgte schrittweise und mit Bedacht.

Als 16-Jährige hatte Marike Ebsen einen großen Wunsch: Nach dem Abitur erstmal reisen. Um das Geld dafür zusammen zu bekommen, jobbte sie nebenbei auf dem Wochenmarkt. Mit einem Abschluss von 1,9 in der Tasche ging es los: Work & Travel in Australien und Neuseeland. 

Als sie zurückkehrte, stand sie vor der Frage, Studium oder Ausbildung. „Ich entschied mich für ein Wirtschaftspsychologie-Studium in Heide, stellte aber schnell fest, dass ich statt lernen doch lieber arbeiten wollte“, berichtet die junge Frau. 2018 begann sie bei Sport-Tiedje mit einer Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau. „Ich hätte natürlich auch in den Betrieb meines Vaters gehen können, aber ich wollte erstmal was anderes kennenlernen.“  Nach der 2,5-jährigen Ausbildung blieb Marike Ebsen noch ein halbes Jahr bei Sport-Tiedje, um in der Buchhaltung Erfahrung zu sammeln und sich nebenbei im Bereich Ernährung weiterzubilden.

Der Eintritt ins Familienunternehmen ergab sich schließlich durch einen Zufall. 2021 war die Stelle einer Buchhalterin frei geworden. Der Papa habe vorsichtig angefragt, und Tochter Marike wagte den ersten Schritt: zunächst auf 20-Stunden-Basis. „Wie es dann so ist, habe ich die eine oder andere Aufgabe mehr übernommen und Papa als Geschäftsführungs-Assistenz unter die Arme gegriffen.“ Die Zusammenarbeit mit dem Vater sei von Anfang an harmonisch verlaufen. „Papa und ich waren immer schon ein gutes Team. Und wenn wir mal anderer Meinung sind, können wir offen drüber sprechen und finden auch schnell eine Einigung.“ Peu à peu konnte Marike Ebsen in den elterlichen Betrieb hineinwachsen und ein Gefühl für die Sache bekommen. So begleitete sie Vater Heiko Ebsen zu Lieferanten-Terminen für das „Marks Maritim“, „damit sich auch mal eine Frau die neuen Kollektionen anschaut“. Dabei habe sie richtig Spaß und neue Ideen für den Einkauf entwickelt.

Richtig mit eingestiegen ins Unternehmen ist die Tochter nach der Sturmflut im Oktober 2023, als das Wasser meterhoch im „Marks Maritim“-Laden im Stadthafen stand. Marike Ebsen: „Wir hatten einen sechsstelligen Schaden und standen vor der Entscheidung, ob es weitergeht oder nicht. Wenn wir weitermachen, brauche ich jemanden, der dahinter steht, sagte Papa.“  Nach einer kurzen Überlegungszeit wagte die 26-Jährige den Sprung: „Okay, ich mach das.“ Sie machten sich auf die Suche nach einer neuen Ladenfläche und wurden im Stadtweg im ehemaligen Nootbaar-Haus fündig, wo sie im März 2024 mit „De lütte Boutique“ einzogen. Ob Marike Ebsen irgendwann die Geschäftsführung von Marks übernehmen wird? Diese Tür steht noch offen. „Mal schauen, was die Zukunft bringt. Komplett ausschließen möchte ich das nicht.“

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Gewerbeverein Region Schleswig e.V. „Die Drachentöter“

Rund 180 Unternehmen aus Schleswig und Umgebung gehören mittlerweile dem Handels- und Gewerbeverein an. Mit der Erweiterung der Mitglieder auf Schleswig und Umgebung war der Name „Gewerbeverein St. Jürgen nicht mehr passend. Per Satzungsbeschluss wurde er auf der Jahreshauptversammlung am 18.9.2019 der Ausrichtung des HGVs entsprechend angepasst auf Gewerbeverein Region Schleswig e.V. „Die Drachentöter. Der Namenszusatz „Die Drachentöter wurde beibehalten. Er zeigt die Wurzeln des Vereins und ist auch weiterhin das Vereinslogo.

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