Am 21. September 2025 entscheiden die Schleswiger, wer neuer Bürgermeister wird. Es kandidieren Amtsinhaber Stephan Dose (SPD) Udo Luchterhand (CDU) und Jonas Kähler (parteilos). Der Kompass hat die Drei zu ihren Zielen und Schwerpunkten befragt.
Herr Dose, Sie sind seit 2020 Bürgermeister. Warum wollen Sie weitermachen?
Stephan Dose: Ich habe unglaublich viel Freude an dem Amt. Als letzte Station meines Berufslebens Schleswig mit entwickeln und gestalten zu können, ist eine unheimlich spannende Aufgabe, weil sich gerade so viel in der Stadt tut.
Herr Luchterhand und Herr Kähler, und warum möchten Sie Bürgermeister von Schleswig werden?
Udo Luchterhand: Ich sehe ich die Notwendigkeit, im politischen Spektrum eine zusätzliche Option zu bieten. Die CDU ist stärkste Kraft in Schleswig, da müssen wir auch den Wählern und Anhängern der CDU ein Angebot machen. Ich möchte mich dem stellen und mich richtig für diese Stadt einsetzen, weil ich in Schleswig so viel Potenzial sehe.
Jonas Kähler: Ich sehe jeden Tag, vor welchen Herausforderungen die Stadt steht. Wir haben einen großen Schuldenberg, Sanierungsstau, eine fehlende Digitalisierung der Stadtverwaltung, und dabei fällt es mir schwer, mit Händen in der Tasche an der Seitenlinie zu stehen. Das ist nicht meine Art. Deswegen habe ich den Schritt nach vorne gemacht und steige als parteiunabhängiger Kandidat ins Rennen ein, um die Probleme der Stadt anzupacken.
Wie möchten Sie sich für den Standort Schleswig einsetzen?
Dose: Weiterhin mit vollem persönlichen Einsatz und viel Herzblut. Wir haben in den letzten Jahren die Einwohnerzahl gesteigert, wir haben 500 neue Kita-Plätze geschaffen, wir haben sehr gute Entwicklungsperspektiven, diesen Weg möchte als Bürgermeister mit fortsetzen. Wir haben viele Projekte angefangen, die ich gerne mit zu einem guten Ende führen möchte.
Außerdem glaube ich, dass Schleswig eine besondere Bedeutung im Land hat als ehemalige Landeshauptstadt, als Gerichtshauptstadt, mit dem Schloss als größtes Landesmuseum, mit dem Dom als bedeutendste Kirche, und wir liegen auch noch touristisch in einer reizvollen Region. Ich glaube, dass wir uns durchaus selbstbewusster als Stadt darstellen können.
Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Projekte, die wir vor der Brust haben, können wir auch wirtschaftlich, sozial, touristisch und kulturell profitieren.
Luchterhand: Schleswig ist eine Stadt, die in der Vergangenheit von Verwaltung, Beamten und der Betreuung von Menschen mit Einschränkungen geprägt war. Vieles ist weggefallen, wie die Bundeswehr.
Von daher ist mein Ansatz, dass wir zwingend neue Gewerbebereiche erschließen müssen. Speichertechnik, Rechenzentren, PV-Logistik - all das sind Branchen, die ich in der Stadt unterrepräsentiert sehe. Deshalb müssen wir hier mehr für Schleswig tun, um diese Bereiche zu fördern.
Bei einer Wahlkampfveranstaltung hatte ich kürzlich das große Glück, Friedrich Merz und Daniel Günther zu dem Thema sprechen zu können. Unser Ministerpräsident hat mir zugesagt, wenn ich Hilfe und Unterstützung brauche, würde er gerne Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen schicken, um die Fragen des Strukturwechsels zu flankieren und mit Kreativität und Mut neue Unternehmen nach Schleswig zu holen. Das ist das, was ich umsetzen möchte.
Kähler: Wirtschaftsförderung ist das große Thema, und das ist für mich auch Chefsache, nichts, das man nebenbei machen oder jemand anderem überlassen kann. Dazu gehört, Unternehmer anzusprechen, die neu nach Schleswig kommen wollen und die schon hier sind. Auch um zu gucken, wie man es den Betrieben, die am Standort aktiv sind, ermöglichen kann, dass sie weiter wachsen und Fachkräfte gewinnen können. Mein Ziel ist sehr ambitioniert: Bis 2035 möchte ich 3000 neue Arbeitsplätze schaffen. Ich bin zuversichtlich, dass man das mit einer aktiven Standortpolitik schaffen kann.
Bei welchen drei Projekten sehen Sie den größten Handlungsbedarf?
Dose: Es ist schwer, das auf drei Projekte einzugrenzen. Wir haben eine Vielzahl an Themen. Zum einen unter der Überschrift Infrastruktur - da haben wir schon viel getan, müssen aber die nächsten Jahre weiter viel investieren. Dazu gehört die Innenstadtsanierung, die wir viele Jahre vorgeplant haben. In diesem Jahr werden wir die ersten Maßnahmen sehen. Das fängt an mit der Verlagerung des ZOBs auf das Stadtfeld, um das ZOB-Gelände neu zu gestalten.
Dann gehört zum Thema Infrastruktur auch die Instandhaltung unserer Straßen. Auch da haben wir viel gemacht, müssen aber noch mehr tun. Nächstes Jahr beginnt die Sanierung der Flensburger Straße, das wird auch höchste Zeit.
Dann haben wir als großes Thema die wohnbauliche Entwicklung, die wird uns die nächsten Jahre noch gut beschäftigen. Da entsteht im Moment sehr viel, und das beinhaltet auch den geförderten Wohnungsbau.
Drittes Kernthema ist Klimaschutz, Klimafolgen und -anpassung. Dazu gehören die Themen Hochwasserschutz, Schwammstadt und Wärmeversorgung. Auch hier sind wir mit den Stadtwerken auf einem guten Weg.
Luchterhand: Wir haben in Schleswig starke Kräfte am rechten Rand. Das haben die Ergebnisse aus den Wahllokalen Bugenhagenschule oder Klinkerhof auch gezeigt. Da ist mein erstes, wichtiges Anliegen, das Vertrauen der Menschen zurückzuholen.
Für mich sind diese Kräfte an den Rändern, ob rechts oder links, keine Neonazis oder Kommunisten. Das sind für mich Bürger, die sich wahrscheinlich aus Wut und Enttäuschung an den Rändern orientieren. Ich finde es wichtig, dass wir diese Leute nicht als Spinner beschimpfen, sondern dass wir sie mitnehmen.
Für mich ist es ganz entscheidend, mich mit diesen Bürgern zu treffen, um zu erfahren und zu erspüren, was sie umtreibt, was ihnen Angst macht. Um dann zu überlegen, wie man die Situation ändern kann.
Ich selbst komme aus einem Elternhaus, das sehr arm war. Von daher weiß ich, was Unsicherheit und Existenzangst bedeuten. Und was das manchmal auch mit den Menschen im Kopf macht. Deshalb möchte ich mich als erstes Handlungsfeld genau darum kümmern, diese Menschen zurück zu gewinnen, ihnen ein Ohr zu geben.
Das zweite wichtige Thema: Wir haben in Schleswig eine Unzahl an offenen Projekten. Angefangen vom Kulturhaus, über Bürgerforum, Parkhaus, Innenstadtsanierung, Hertie-Gelände - ich weiß gar nicht, wo ich aufhören soll. Ich finde es wichtig, dass wir diese Projekte kanalisieren und priorisieren. Der Stau muss abgearbeitet werden, ein Projekt nach dem anderen, damit die Leute in der Verwaltung auch ihre Arbeit schaffen und nicht demotiviert irgendwann aufgeben.
Drittes Thema ist für mich die Haushaltskonsolidierung. Ich meine damit nicht die Investitionen, sondern den normalen Verwaltungshaushalt, also die täglichen Aufgaben der Stadt. Es kann nicht sein, dass wir unseren täglichen Job mit Krediten finanzieren. Das mache ich nicht, das machen Sie nicht, das macht kein Unternehmen. Denn nach wenigen Monaten ist man privat oder geschäftlich insolvent. Alle Ausgaben der Stadt müssen deshalb auf den Prüfstand.
Kähler: Erstens: Sanierungsstau abarbeiten. Zum Beispiel an den Schleswiger Schulen, die teilweise noch genauso aussehen wie zu meiner Schulzeit. Das ist ein Punkt, der brennt mir wirklich auf der Seele. Wenn wir möchten, dass wir gut ausgebildete Jugendliche haben, dann fängt das schon damit an, dass sie Lust haben, zur Schule zu gehen. Und das haben sie, wenn da nicht der Putz von den Wänden bröckelt, wenn die Toiletten funktionieren und das Gebäude in einem Topzustand ist.
Zweitens: Haushalt konsolidieren. Dazu gehört, und das widerspricht sich meiner Meinung nach nicht, wir müssen investieren, um attraktiv zu bleiben und neue Unternehmen anzulocken.
Drittens: Die Stadtverwaltung muss die modernste Schleswig-Holsteins werden, wir hängen im Moment bei der Digitalisierung weit hinterher. Wir müssen einfach effizienter und schneller werden. Wenn wir als Stadtverwaltung einen Mentalitätswandel hinbekommen möchten, muss das von der Spitze der Verwaltung kommen. Ich glaube, es täte der Stadtverwaltung gut, wenn sie jemanden hat, der ihr eine Richtung vorgibt und der die Veränderungen auch anpackt.
So sollte es in Büros kein Papier mehr geben, sondern elektronische Akten. Wenn alles digital abläuft, sind die Arbeitsprozesse auch schneller und einfacher. Zum Beispiel lässt sich mit einer KI-gestützten Buchhaltung eine automatische Rechnungserfassung aufbauen. Dadurch spart man viele einzelne Abläufe, etwa dass einzelne Papierrechnungen dreimal durch die Verwaltung geschickt werden.
Für mich gehören aber auch die Dinge des täglichen Lebens dazu. Wenn ich mich an die Verwaltung wende, muss ich schnell eine Antwort oder eine Bescheinigung bekommen, auch in digitaler Form. Das muss eine Selbstverständlichkeit sein, denn wir leben in einer Welt, die sich gewandelt hat. Wir können es uns nicht mehr erlauben, in manchen Dingen zu lange zu brauchen.
Die Stadt hat 52 Millionen Euro Miese, will aber trotzdem kräftig investieren. Neues Kulturhaus für 37,2 Millionen, neues Parkhaus für 17 Millionen, neues Bürgerforum für 16,3 Millionen, Sanierung Flensburger Straße für 9,8 Millionen Euro. Kann sich Schleswig all das überhaupt leisten?
Dose: Ich glaube, wir können es uns nicht leisten, die Investitionen nicht zu tätigen. Wir haben als Stadt die Wahl: den Status quo festschreiben, was Stillstand wäre, oder wollen wir uns nach vorne entwickeln. Ich bin auf jeden Fall für Entwicklung. Dazu brauchen wir eine mutige und zukunftsorientierte Politik. Außerdem fallen die Investitionen nicht alle gleichzeitig an, sondern sie werden über mehrere Jahre verteilt. Zudem nutzen wir natürlich sämtliche Förderprogramme aus. Beim Kulturhaus sind das schon mal 18 Millionen.
Luchterhand: Ich bin der festen Überzeugung, wenn die Stadt es schafft, die Ansiedlung von Gewerbe und die Neugewinnung von Bürgern, insbesondere jungen Familien, signifikant zu steigern und damit auch einen deutlichen Zuwachs an Steuereinnahmen zu generieren, dann können wir uns das in Zukunft auch leisten. Das Potenzial sehe ich auf jeden Fall.
Kähler: Die Haushaltslage ist schlecht, dazu haben wir den Sanierungsstau, dennoch müssen wir investieren, um als Standort attraktiv zu bleiben. Doch das große Aber: Wir müssen priorisieren, denn auch die Stadt kämpft mit dem Fachkräftemangel. Wenn ich kein Personal habe, kann ich nicht mit noch einem und noch einem Projekt anfangen.
Genauso muss ich priorisieren, um nur das Geld auszugeben, was im jeweiligen Haushaltsjahr zur Verfügung steht. Das sorgt vielleicht dafür, dass ich ein großes Projekt noch mal verschieben muss. Aber lieber ein, zwei Jahre verschieben und es dann auch wirklich schaffen, das Projekt umzusetzen, indem wir eine Haushaltsgenehmigung ohne Auflagen bekommen. Nur dann wird es gelingen, den Sanierungsstau abzuarbeiten.
Die Ansiedlung neuer Unternehmen ist Voraussetzung für eine weitere und stabile Entwicklung Schleswigs. Haben Sie eine Strategie, um weitere Gewerbeflächen zu entwickeln?
Dose: Wir sind tatsächlich mittendrin. Im Norden der Stadt in St. Jürgen haben wir zwei Flächen in der Entwicklung - neben der Schnapsfabrik gegenüber den Verkehrsbetrieben ist eine Fläche. Weiter nördlich Richtung Triangel haben wir eine weitere Fläche.
Außerdem haben wir auf meine Initiative hin Gespräche mit den Nachbargemeinden Nübel und Schaalby geführt und einen Planungsauftrag für die Ausweitung unseres bestehenden Gewerbegebietes erteilt. All das sind Entwicklungsmöglichkeiten für unser regionales handwerklich geprägtes Gewerbe.
Dazu gehört ein guter Austausch mit der Wirtschaft, den wir beim Runden Tisch Wirtschaft auch haben. Das ist mir persönlich wichtig. Investoren, die von außen kommen, betreuen wir auch gut. Ein aktuelles Beispiel dafür: Das Unternehmen HP&P aus Gießen, das das Gelände auf der Freiheit entwickelt und 800 Millionen investiert, fühlt sich hier sehr wohl und hat drei Gesellschaften in Schleswig angemeldet. Das wird sich positiv auf die Gewerbesteuereinnahmen auswirken.
Auch das interkommunale Gewerbegebiet Schleswig Schuby wird weiterentwickelt. Bei Gewerbeflächenangeboten sind wir also wirklich top.
Luchterhand: Wir haben sehr viele Gewerbeflächen. Viele Besitzer von Gewerbeflächen haben auch schon aktiv für das eine oder andere Projekt angefragt. Es geht zum Beispiel um PV-Freiflächen mit Bürgerbeteiligung. Hier ist es notwendig, dass die Stadt ein PV-Flächenkonzept entwickelt. Was aber derzeit nicht umgesetzt werden kann, weil keine Kapazitäten im Bauamt vorhanden sind. Das müssen wir auflösen.
KI ist ein immer größer werdendes Thema in der Gesellschaft, in der Welt. Dafür braucht man Rechenleistung und Batteriespeicher. Es gibt Gewerbetreibende, die genau danach suchen. Da könnten wir zum Beispiel Gewerbeflächen bei der alten Schnapsfabrik anbieten.
Wir stehen auch in Verhandlung mit dem interkommunalen Gewerbegebiet Schuby, um es zu erweitern. Aber auch da benötigen wir wieder Ressourcen im Bauamt, um das voranzutreiben. Wir müssen jetzt in der Rezession diese Dinge so gut wie möglich vorbereiten, das ist für mich elementar. Wenn dann der Aufschwung kommt, und der wird mit Sicherheit kommen, dann müssen wir vorbereitet sein.
Kähler: Ich verfolge drei Ansätze: 1. In den Gewerbegebieten prüfen, wo wir verdichten können. 2. Die stadteigenen Flächen entwickeln, die wir noch haben. 3. Mit den Umlandgemeinden die Kooperation suchen.
Wir haben Brach- und Freiflächen in Gewerbegebieten, die möchte ich zuerst vermarkten und gemeinsam mit den Eigentümern Hand in Hand arbeiten. Dazu gehört auch die Nachnutzung des Butterwerks.
Im Gewerbegebiet St. Jürgen haben wir zwei Möglichkeiten zu erweitern. Einmal Richtung Norden, wo derzeit ein Lärmschutzwall auf einer Koppel steht, und Richtung Osten entlang der Straße Reimers Kolken, da hat die Stadt auch noch eigene Flächen zur Verfügung.
Was die Kooperation mit dem Umland betrifft: Schleswig braucht ein starkes Umland, und das Umland braucht eine starke Stadt. Wir müssen uns stärker als Region verstehen und auch als solche zusammenarbeiten, um große Ansiedlungen zu uns in die Region zu holen. Dafür brauchen wir Flächen, und diese können wir am besten gemeinsam entwickeln - im interkommunalen Gewerbegebiet Schleswig/Schaalby/Nübel und auch im interkommunalen Gewerbegebiet in Schuby entlang der Autobahn.
Gewerbetreibende befürchten ja, dass die Stadt an der Steuerschraube drehen muss, um die hohen Investitionen zu finanzieren…
Dose: Die Sorge kann ich verstehen. Aber die Investitionen werden sich zukünftig auch auf der Einnahmenseite auswirken. Mehr Gewerbeflächen bedeutet mehr Gewerbe, also auch mehr Steuern. Mehr Baugebiete bedeutet neue Einwohner, die uns Einkommenssteuer und Schlüsselzuweisungen bringen. Außerdem nutzen wir zur Kostenreduzierung die Fördermöglichkeiten aus. Insofern sind wir nicht nur auf der Ausgabenseite unterwegs, sondern kümmern uns auch um die Einnahmen.
Doch ich muss dazu sagen: Steuererhöhungen oder -senkungen liegen nicht in der Entscheidungskompetenz des Bürgermeisters. Das ist ausschließlich eine der Ratsversammlung vorbehaltene Entscheidung.
Luchterhand: Wir in der CDU haben ganz klar die Meinung, die Steuerschraube ist keine Option. Warum? Die Menschen sind jetzt schon enorm belastet. Das sehen wir an der Wutwahl und am Abdriften an die Ränder. Für mich ist nicht der Weg, die Steuern zu erhöhen, sondern wir müssen durch Optimierung und andere Prozesse die Kosten in der Stadt senken. Stichwort Digitalisierung. Da gibt es enormen Nachholbedarf.
Kähler: Ich bin jemand, der ehrlich offen in den Wahlkampf geht. Ja, wir haben Schwierigkeiten, wir müssen unsere Einnahmen erhöhen. Im letzten Jahr wurde schon die Gewerbesteuer erhöht, wegen der Grundsteuer wurde auch der Hebesatz angepasst. Es wurde bereits an der Steuerschraube gedreht, aber man sollte sie auch nicht überdrehen.
Was ich aber in den Blick nehme, ist eine Bettensteuer. Schleswig profitiert sehr vom Tourismus. Gäste, die zu uns kommen, können sich genauso an den Kosten für die Infrastruktur beteiligen wie die Schleswiger, indem sie auf ihren Übernachtungspreis eine kleine Abgabe zahlen. Für den Haushalt wäre das sehr gut. Zusätzliches Geld, das wir gebrauchen können.
Ich finde aber, dass wir nicht nur über Steuern und Gebühren reden sollten. Wir müssen darüber sprechen, wie wir es wirklich schaffen, dass Unternehmen in unsere Stadt kommen. Weil wir damit langfristig deutlich höhere Einnahmen generieren.
Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder kommt 2026. Kann die Stadt ihrer Verpflichtung nachkommen, das Betreuungsangebot bereitzustellen?
Dose: Wir sind bestmöglich vorbereitet. In allen Schleswiger Grundschulen bieten wir auch jetzt schon eine Betreuung von 7 bis 17 Uhr inklusive Ferienbetreuung.
Was allerdings für alle Kommunen hinderlich ist: Dass das Land immer noch keine Qualitätsstandards veröffentlicht hat. Wir wissen nicht, wie 2026 der Betreuungsschlüssel ist und welche Qualifikationen die Betreuungskräfte zukünftig haben müssen.
Luchterhand: Wir haben das Konzept Offene Ganztagsschule in Schleswig schon an den Grundschulen. Hier ist die Frage: Wird die Stadt bei der reinen Investition tatsächlich 15 Prozent tragen müssen und bei der Investition in den Betrieb 25 Prozent? Wir müssen auf jeden Fall ein vernünftiges Angebot liefern, damit die Menschen, die hoffentlich bald nach Schleswig kommen, auch Bedingungen vorfinden, damit sie arbeiten können und ihre Betreuung abgesichert sehen. Wir haben eine Pflicht als kommunaler Träger, und die ist auch wichtig für die weitere Entwicklung der Stadt.
Kähler: Zum einen wird die Stadt sicherlich den Rechtsanspruch erfüllen, dazu ist sie verpflichtet, man wird es schaffen. Aber was bieten wir andererseits? Wie sehen die Räumlichkeiten aus? Wie ist das Angebot? Ist das wirklich attraktiv?
Wenn ich mir einige Räume für die Ganztagsbetreuung ansehe, schlage ich mit den Händen über dem Kopf zusammen. Zum Teil völlig verwinkelte, alte Bauten, in denen es überhaupt nicht schön oder angenehm ist, sich dauerhaft aufzuhalten. Ich finde, wir müssen für unsere Kinder bessere Angebote schaffen. Darüber sollten wir reden.
In Schleswig wird viel gebaut - zum Beispiel auf der Freiheit, auf dem ehemaligen Klinik-Gelände, im Hesterberg oder auf den Wichelkoppeln. Doch gleichzeitig fehlen bezahlbare und barrierefreie Wohnungen. An welchem Punkt würden Sie ansetzen, um das zu ändern?
Dose: Wir sind mitten in der Umsetzung. Aktuell entstehen etwas mehr als 2100 neue Wohnungen in Schleswig, das ist schon eine gewaltige Entwicklung. Dabei haben wir vor Jahren Quotierungen für geförderten und preisreduzierten Wohnungsbau in den B-Plänen festgelegt, das zahlt sich jetzt aus. Es sind 10 Prozent, aber wir haben auch Investoren, die freiwillig darüber hinausgehen.
In den nächsten Jahren entstehen bis zu 300 neue Wohnungen im geförderten Bereich / sozialer Wohnungsbau. Auch die Freiheit, die den Ruf hat, dass sie nur für die „Schönen und Reichen“ ist, wird ein komplett durchmischtes Wohngebiet. Mir ist aktuell keine Mittelstadt in Schleswig-Holstein bekannt, die so eine Entwicklung vorweisen kann.
Luchterhand: In den neuen Gebieten, die in der Bebauung zur Disposition stehen, haben wir erreicht, dass sich die Entwickler verpflichtet haben, 10 Prozent für den sozialen Wohnungsbau zugänglich zu machen. Das ist eine tolle Nachricht. Das Problem: Die Fördermittel des Landes sind oft relativ schnell aufgebraucht. Da habe ich die große Hoffnung, dass mit dem neuen Infrastrukturfonds, der aufgelegt werden soll, endlich genug Geld in die Fördertöpfe fließt, damit die Quoten auch umgesetzt werden können.
Was ich definitiv ablehne, ist ein Mietdeckel. Hier sehe ich nicht den Druck in Schleswig, meiner Meinung nach schreckt das auch Investoren ab.
Wo wir besser werden müssen, ist tatsächlich im barrierefreien Wohnen. Denn auch wir haben in der Stadt immer mehr ältere Menschen, die darauf angewiesen sind.
Kähler: Im Moment haben wir viele Projekte in der Pipeline. Die Schwierigkeit ist, dass die Baukosten sehr hoch sind und wir auf die Förderung des Landes angewiesen sind, um bezahlbares Wohnen in der Stadt zu haben. Das Land hat derzeit nicht viele Fördermittel zur Verfügung. Doch sich nur darauf zu berufen, ist mir zu einfach.
Ich finde, wir müssen mehr und enger mit den Wohnungsbaugesellschaften in Austausch treten, auch beraten, wie im Bestand vielleicht noch Wohnraum erweitert werden kann. Etwa durch Dachgeschossausbauten.
Als Stadt sehe ich uns auch in der Pflicht, zu schauen, wo wir innerstädtisch Flächen haben, die noch bebaut werden können. Und wie kann ich als Stadt unterstützen, damit es möglichst kostengünstig für Wohnungsbauunternehmen ist. Zum Beispiel ist das Thema Erbbaurecht in den letzten Jahren hinten runtergefallen. Es gab mal das Ziel, dass die Stadt alle Erbbaugrundstücke verkauft, die sie hat. In Zeiten hoher Baupreise ist das Erbbaurecht in meinen Augen aber ein gutes Instrument, um als Stadt zumindest Grundstücke günstig anzubieten.
Welche Ideen haben Sie für die vielen leer stehenden Geschäfte in der Innenstadt?
Dose: Die Vermietung ist Sache der Eigentümer und der Wirtschaft selbst. Was wir tun können, ist beraten, unterstützen und vermitteln. Die Tatsache, dass wir wachsen und die Innenstadt sanieren - das sind alles Maßnahmen, die dazu beitragen, dass wir mehr Kaufkraft nach Schleswig holen.
Stichwort Innenstadtsanierung: Da müssen wir nicht nur das Einkaufserlebnis haben, der Kunde erwartet heute mehr: Aufenthaltsqualität, Veranstaltungen, Kultur, Gastronomie. Das ist das, was wir anbieten wollen.
Luchterhand: Pachten, mieten - das sind Dinge, die haben wir als Stadt nicht in der Hand. Was wir aber leisten können: Die Stadt kann mit einer Bauleitplanung und mit Investitionen wie in die Innenstadtsanierung versuchen, die Rahmenbedingungen attraktiver zu machen, sodass Menschen auch eine Aufenthaltsqualität haben und sich wieder Gewerbe ansiedelt. Aber Fakt ist auch: Den Onlinehandel können wir nicht zurückdrehen.
Kähler: Ich würde mir wünschen, und das ist auch ein Appell an die Kommunalpolitik, dass wir gemeinsam zielstrebig an der Innenstadtsanierung arbeiten. Uns kostet es Zeit, dass wir immer wieder Extrarunden drehen und Beschlüsse, die gefasst wurden, immer wieder in Frage stellen. Das ist auch nicht gut für die Gewerbetreibenden, die brauchen Planungssicherheit. Deswegen will ich auf die Kommunalpolitik zugehen und diese Planungssicherheit für die Gewerbetreibenden einfordern.
Der andere Punkt: In der Ladenstraße haben wir Eigentümer, die Mieten von 20, 30 Euro pro Quadratmeter fordern. Vielleicht noch in Gedanken an eine Zeit, als Schleswig mit Butterwerk, Zuckerfabrik und Bundeswehr viel Kaufkraft hatte. Aber da muss ich mich nicht wundern, dass ich keine neuen Ladengeschäfte in die Innenstadt bekomme. Da sind die Eigentümer gefordert, und da ich werde das Gespräch suchen.
Das Bürgerforum ist ein umstrittenes Thema in der Stadt. Sind Sie dafür, dass es gebaut wird?
Dose: Auf jeden Fall. Für eine Innenstadtsanierung muss man eine Menge an Vorarbeiten leisten, die Schritte sind vorgegeben, und deswegen hat die Theorie jetzt mehr als zehn Jahre gedauert.
Einer der wesentlichen Mängel der Innenstadt ist die Verbindung ZOB-Ladenstraße. Das alte Parkhaus wirkt wie ein Riegel, wir wollen die Besucher besser in die Ladenstraße leiten.
Deswegen ist die Zielsetzung, das gesamte ZOB-Areal stärker an die Innenstadt anzubinden und mit dem Bürgerforum einen Frequenzbringer mit hoher Aufenthaltsqualität zu haben. Das ist wichtig für das Gesamtkonzept.
Künftig wird das Parkhaus nicht mehr wie ein Riegel stehen, sondern längs. Und daran flanschen wir das Bürgerforum an. Wir haben dadurch stadtplanerisch eine Wegeführung, die alle Ankommenden direkt in die Innenstadt leitet.
Den Schwarzen Weg werden wir an der Stelle einbeziehen, sodass eine große Fläche vor dem Übergang ZOB-Bürgerforum direkt an den Capitolplatz anschließt. An dieser Stelle planen wir zukünftig die Wochenmärkte.
Das Bürgerforum wird ein dritter Ort mit Bücherei, Café, Mobilitätszentrale und dem Bürgerbüro der Stadt. Außerdem werden wir dort Räume für Veranstaltungen haben. Das ist eine wesentliche Zielsetzung der Innenstadtsanierung.
Wenn die Politik sich jetzt abwendet, dann sehe ich die große Gefahr, dass wir die mit dem Land vereinbarten Ziele nicht erreichen und somit möglicherweise die Fördermittel gefährden. Falls das Bürgerforum gar nicht kommt, kann es sein, dass wir die Rahmenplanung neu aufsetzen müssen. Da befürchte ich einen riesigen Zeitverlust, und das können wir uns beim Parkhaus zumindest nicht erlauben.
Luchterhand: Das Bürgerforum ist sehr umstritten, auch innerhalb der Politik. Ich persönlich habe Zweifel am Bürgerforum. Wir haben mit dem AOK-Gebäude jetzt die Möglichkeit, dort viele Dinge unterzubringen. Am Ende ist es aber so: Das Bürgerforum, das mit mindestens 16,3 Millionen Euro veranschlagt ist, wird nicht gefördert. Deshalb frage ich mich: Brauchen wir das wirklich? Wir können vielleicht mit dem Hertie-Gelände den sogenannten dritten Ort stadtnah im Eingangstor zur Ladenstraße umsetzen, wenn es uns gelingt, ein vernünftiges Konzept mit dem Investor hinzubekommen. Wenn das Bürgerforum am Schwarzen Weg gebaut wird, wird es auf der Rückseite der Ladenstraße sein und nicht in der Ladenstraße. Ich habe sehr große Zweifel, dass es bei der Lage die Innenstadt belebt. Stand heute kann ich dem Bürgerforum deshalb nichts abgewinnen.
Kähler: Ich habe kürzlich ein Gespräch mit einer älteren Dame geführt. Sie hat keine Familie mehr, wenig Geld, lebt von der Grundsicherung im Alter und hat krankheitsbedingt eine Pflegestufe. Sie sagte mir, dass sie sich so sehr einen Ort wünscht, wo sie hingehen kann, ohne dass sie sich sofort einen Kaffee oder eine Zeitschrift kaufen muss, einen Ort, wo sie sich hinsetzen und unter Leuten sein kann und der barrierefrei ist, damit sie mit ihrem Rollator dorthin kommen kann. Das ist für mich das Bürgerforum. Ein Ort in der Innenstadt, der für alle Schleswiger ist. Auch für Menschen, die nicht so viel Geld haben. Das Bürgerforum erfüllt so viel mehr Funktionen, als Bücherei, Treffpunkt und Veranstaltungsort für alle Generationen zu sein.
Ich wünsche mir von der Kommunalpolitik, dass wir gemeinsam endlich zielstrebig das umsetzen, was wir mal beschlossen haben. Ich glaube, das wünschen sich auch viele Schleswiger.
Stephan Dose ist 61 Jahre alt, gebürtiger Schleswiger, verheiratet, er hat zwei Kinder und drei Enkelkinder. Er hat eine kaufmännische Ausbildung absolviert, war acht Jahre selbstständig im gastronomischen Familienbetrieb tätig und zwei Jahre arbeitslos. Von 1995 bis 2005 war Dose für die Kreisverkehrsbetriebe tätig und sammelte dort Führungserfahrung. 2005 bis 2011 war er im Rechnungsprüfungsamt des Kreises Schleswig-Flensburg eingesetzt und errang weitere berufliche Qualifikationen im Bereich öffentliches Haushaltswesen, Betriebswirtschaft und Bilanzbuchhaltung. Danach war der Schleswiger bei der Kreisverwaltung hauptamtlicher Personalrat, um die Interessen von rund 1000 Kolleginnen und Kollegen zu vertreten.
Seit 2002 Mitglied der SPD, von 2003 bis 2019 ehrenamtliche Kommunalpolitik als Ratsmitglied der Stadt Schleswig (dabei Fraktions- und Bauausschussvorsitzender, stellvertretender Bürgermeister), seit 19. Januar 2020 Bürgermeister der Stadt Schleswig.
Udo Luchterhand ist 55 Jahre alt, verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Der gebürtige Berliner ist Polizist und gehört der Bundespolizei Direktion 11/Spezialkräfte an. Als solcher hat er auch besondere Schutzaufgaben im Ausland übernommen. So war Luchterhand unter anderem in Afghanistan im Einsatz und zu Beginn der Flüchtlingskrise in Griechenland.
Während seiner Bundeswehrzeit war er beim Marinefliegergeschwader 1 (MFG 1) auf dem Fliegerhorst Jagel eingesetzt. „Als ich dort als Zeitsoldat gedient habe, war mir klar, dass ich in Schleswig-Holstein wohnen möchte, wenn ich eine Familie gründe“, sagt der Bürgermeister-Kandidat. Seit 2001 hat Luchterhand im nördlichsten Bundesland seine Heimat gefunden. Zunächst war er in Ellingstedt wohnhaft, wo er einen Resthof saniert hat und den Ortsverband der CDU geleitet hat. Seit 2014 lebt Udo Luchterhand in Schleswig, seit 2023 ist er Mitglied der Ratsversammlung.
Jonas Kähler ist 29 Jahre alt, gebürtiger Schleswiger, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Nach dem Abitur an der Lornsenschule absolvierte er ein duales Studium beim Kieler Innenministerium und an der Fachhochschule (FH) Altenholz. Nach dem Abschluss als Diplom-Verwaltungswirt war Kähler weiter für das Land tätig, gewann unter anderem Einblicke in den Katastrophenschutz und schrieb Reden für Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Seit Herbst 2023 arbeitet er im Bauamt der Stadt Schleswig und ist dort für die Stadtplanung zuständig.
Von 2018 bis 2023 saß Jonas Kähler für die Grünen in der Schleswiger Ratsversammlung, schied dann aber freiwillig aus. Nebenbei ist er als Dozent für Verwaltungsrecht an der Verwaltungsakademie in Bordesholm und an der FH in Altenholz tätig. Bei der Bürgermeisterwahl tritt er als unabhängiger Kandidat an.
Rund 180 Unternehmen aus Schleswig und Umgebung gehören mittlerweile dem Handels- und Gewerbeverein an. Mit der Erweiterung der Mitglieder auf Schleswig und Umgebung war der Name „Gewerbeverein St. Jürgen” nicht mehr passend. Per Satzungsbeschluss wurde er auf der Jahreshauptversammlung am 18.9.2019 der Ausrichtung des HGVs entsprechend angepasst auf Gewerbeverein Region Schleswig e.V. „Die Drachentöter”. Der Namenszusatz „Die Drachentöter” wurde beibehalten. Er zeigt die Wurzeln des Vereins und ist auch weiterhin das Vereinslogo.